Streifzüge durch die Geschichte von Hölzenhausen
1816–1866 Herzogtum Nassau
1816–1821 Die vorübergehende Dorfgemeinschaft mit Hinterkirchen.
Informationen über Hölzenhausener Schultheiß, Schöffen.
1818 Hölzenhausen wird dem Schulbezirk Langenhahn zugeordnet (statt zu Bellingen).
Dokumente:
(1) Gesuch der Einwohner von Hölzenhausen um Trennung von dem Gemeindeverband mit Hinterkirchen
Hessisches Hauptstaatsarchiv HHStAW 233 473
(2) Chronik für die Elementarschule Langenhahn
Archiv der Grundschule “Sonnental” Langenhahn
Die herzoglich-nassauische Regierung setzte die von der oranischen und bergischen Regierung begonnenen Schulreformen fort.
Die Schulchronik, die sowohl über schulische Ereignisse, als auch das Gemeindegeschehen der vier Dörfer des neuen Schulbezirks Langenhahn berichtet, enthält interessante Einblicke in die Geschichte auch von Hölzenhausen, transkribiert von Peter Eisenburger. Im Folgenden stellen wir einige Ausschnitte vor. (Umfangreichere Transkription über diesen Link.) Die Erläuterungen in eckigen Klammern stammen von uns.
Auflösung des Gemeindeverbundes von Hölzenhausen und Hinterkirchen
Die neue Gemeindeordnung des Herzogtums Nassau sah eine bestimmte Zahl von Amtsträgern vor. Man benötigte einen Schultheißen (Bürgermeister), einen Gemeinderechner, mindestens zwei Gemeindevorsteher und mindestens zwei Feldgerichtsschöffen (Ortspolizei). Wo in einer Gemeinde nicht genügend (vertrauenswürdige) Personen für diese Ämter zur Verfügung standen – was allerdings nur selten vorkam – wurde sie mit einer Nachbargemeinde zusammengeschlossen. Dies geschah zwischen 1816 und 1821 mit Hölzenhausen und Hinterkirchen. Dabei wurde der Schultheiß von Hölzenhausen gestellt. Dieser war Stephan Baldus. Er starb am 18. April 1819. Als Vertreter wurde zunächst Matthias Gaier aus Hölzenhausen bestellt.
Am 6. April 1821 wurde auf Ersuchen der beiden Gemeinden, hauptsächlich aber wohl von Hölzenhausen, die Verwaltungsgemeinschaft von Hölzenhausen mit Hinterkirchen wieder aufgelöst.
Als neuer Schultheiß von Hölzenhausen wurde von der Landesregierung Johannes Benner bestimmt (die Familie Benner hatte noch 100 Jahre später den größten Grundbesitz im Dorf), der Interims-Schultheiß Matthias Gaier wurde Feldschöffe und damit Stellvertreter des Schultheißen. Schultheiß von Hinterkirchen wurde Jakobus Benner.
Die Schultheißen der vier Dörfer und jeweils ein Feldgerichtsschöffe waren auch Mitglieder des Schulvorstandes. Der Schulvorstand mit seinem Präses, dem Pfarrer aus Rotenhain, nahm im Frühjahr und Herbst die öffentlich stattfindenden Schulprüfungen ab.
Im Folgenden mehrere Dokumente zum Gesuch von Hölzenhausen, das mehrfach gestellt und zunächst abgelehnt wurde. Bewegung kam in die Sache, als sich der Geometer und langjährige Landtagsabgeordnete Jörg Baldus aus Bellingen einschaltete und am 22. Dezember 1819 die Regierung anschrieb (3 Seiten, teilweise mit Anmerkungen des Amtes Marienberg). Dieser Brief sowie die Stellungnahme des Amtes enthält interessante Informationen über die Geschichte von Hölzenhausen, vor allem dass es sich um eine eher wohlhabende (“bemittelte”) und auch unter den Privathaushalten weitgehend schuldenfreie Gemeinde handelte. Der Wohlstand beruhte auf seinen schönen (“bedeutend besser bestandenen”) Hochwäldern (dem Röhrshahn, dem Oelberg – später abgetragen für den Steinbruch – , dem Hahnwäldchen und dem Wolfswald sowie den großen und guten Viehweiden, die einen entsprechenden Viehbestand ermöglichten.
An mehreren Stellen wird auch darauf eingegangen, dass Hölzenhausen durch den Ankauf eines Hofguts im Jahre 1696 neu gegründet wurde, nachdem Graf Johann Ludwig von Nassau-Hadamar 1640 die sämtlichen Bewohner des Dorfes vertrieben hatte.
Nachdem der Geometer Baldus und das Amt für eine Trennung der beiden Gemeinden ausgesprochen hatten, gab die Regierung in Wiesbaden am 24 May 1820 dem Gesuch nach.
Dokumente:
Schreiben von Jörg Baldus aus Bellingen vom 22. Dezember 1819 an die Regierung in Wiesbaden (3 Seiten).
Schreiben des Regierungspräsidenten Georg Möller vom 7. Juni 1820 an das Amt Marienberg (2 Seiten).
Hier die Transkription der wichtigsten Dokumente dieser Akte. Die in Schnellschrift angefertigten Notizen des Amtmannes konnte ich leider nicht komplett entschlüsseln. ? = Transkription fraglich. xxx = für mich nicht lesbar.
Es folgen vier Seiten der Schulchronik.
Die gleich darunter im Text transkribierten Teile sind jeweils mit einem Pfeil gekennzeichnet.
Gemäß einem hohen Regiminal Erlaße Datum
Wiesbaden den 17t Octobr 1818, wurde der
schon früher an der Schule zu Langenhahn
mit Hinterkirchen und Hintermühlen ange=
stellte Schullehrer Johannes Zais, ge=
bürtigt aus Langenhahn, von Hoher Herzogl.
Landes-Regierung zum zweitenmale zum
Lehrer an der neu errichteten Elemen=
tarschule zu Langenhahn, mit Hinterkirchen,
Hintermühlen und Hölzenhausen angestellt,
und ihm aus besagter Gemeinde Kassen eine
jährliche Besoldung in baarem Gelde von 200
Gulden, inclusive der Vergütung für Woh=
nung, gnädigst verwilligt.
Zu vorstehender Schulbesoldung müßen beitragen:
a, die Gemeinde Kasse zu Langenhahn 81 fl. 23 kr.
b, die von Hinterkirchen – – – – 40 fl 23 kr
c, ” ” Hölzenhausen – – – – 34 fl 9 kr
und, ” ” Hintermühlen – – – – 44 fl 5 kr
Sa [Summa] 200 fl ” – [60 Kreuzer = 1 Gulden]
Anmerkung: Hölzenhausen ist jetzt erstmals im Schulverbund mit Langenhahn. Diese Zuteilung sollte eigentlich wegen der geringen historischen und kulturellen Bindungen zu Langenhahn nur vorübergehend sein. Es war vorgesehen, Hölzenhausen in einen Schulverbund mit Bellingen, Hinterkirchen und Püschen aufzunehmen. Der 1819 für diesen Schulbezirk geplante Neubau eines Schulhauses in Bellingen wurde allerdings nicht realisiert. Bellingen baute erst 1903 die neue Schule.
1817
Am 27. Novbr 1817 wurden von Herzogl. Schulinspectorn
Wollweber, aus den Dörfern des hiesigen Schulbe=
zirks zu Schulvorsteher bei der Schule ernannt.
1, Görg Baldus, Schultheiß zu Langenhahn.
2, Johannes Schmidt, Feldscheffen daselbst.
3, Görg Baldus, Schultheiß zu Hintermühlen.
4, Jakob Baldus, Feldscheffen daselbst.
5, Stephan Baldus, Schultheiß von Hölzenhausen und Hinterkirchen,
weil beide Dörfcher damal eine Gemeinde ausmachten.
6, Matthias Gaier, Feldscheffen zu Hölzenhausen.
u. 7, Jakobus Benner, Feldscheffen zu Hinterkirchen.
Anmerkungen: (1) “Feldscheffen”, eigentlich „Feldschöffe”, = Mitglied der niederen Gerichtsbarkeit auf den Dörfern, auch Stellvertreter des Bürgermeisters. (2) Die Verwaltungsgemeinschaft von Hölzenhausen und Hinterkirchen bestand von 1816 bis 1821.
Am 19tn April 1819 starb der Herzogliche Schultheis und
Schulvorsteher Stephan Baldus zu Hölzenhausen,
welcher auch zugleich Schultheis über Hinterkirchen
war, an der Nervenkrankheit [evtl. Diabetes], und wurde zum
Schultheisenverwalter über die beider Dörf=
cher der Feldgerichtsscheffen Matthias Gaier,
zu Hölzenhausen, angeordnet.
Den 27t April 1819 wurde vom Herzogl. Schulinspector
Wollweber zu Rotzenhahn die hiesige Frühlings=
prüfung gehalten, und waren dabei zugegen
der Herzogl. Schultheis Görg Baldus und der Feld=
gerichtsscheffen Johs. Schmidt aus Langenhahn; Dann
der Hl. Schultheis Görg Baldus und Scheffen Jakob
Baldus beide von Hintermühlen; Wie auch der Schul=
theisenverwalter Matthias Gaier von Höl=
zenhausen, und der Feldgerichtsscheffen Jakob
Benner von Hinterkirchen; Der Schullehrer Klein
von Rotzenhahn, der Schullehrer Engert von Bellingen
und der Schullehrer Hermann Arzt von Büdingen.
Die Schule bestand aus 62 Kindern, wobei 30 Knaben
und 32 Mädchen waren, wovon ein Knabe sich zur
evangelischen Confession bekannte. Die lehrge=
genstände, welche geprüft wurden waren:
Religionsunterricht, Sprachunterricht, Realunter=
richt [Naturwissenschaften], Rechnen, Formenlehre
[Geometrie] und Gesanglehre.
1821
Den 6t April haben sich die beiden Dörfcher Hölzen=
hausen und Hinterkirchen, die seit der ersten
Bildung der Schultheisereien [1816] nur eine Gemein=
de ausmachten, von einander geschieden, und
jedes Dörfchen bildet von daher eine eigene
Gemeinde. Von Herzoglicher Landes-Regierung
wurde nun zum Schultheisen nach Hölzenhau=
sen der Sendscheffen Johs. Benner daselbst,
und nach Hinterkirchen der Scheffen Jakobus
Benner, angestellt.
Den 27t. April ist von dem Herrn Schulinspector Woll=
weber die hiesige Frühlungsprüfung gehalten
worden, es waren dabei zugegen, der Herzogl.
Schultheis Görg Baldus und Scheffen Joh.
Schmidt aus Langenhahn, dann der Hli. Schultheis
Adam Baldus und der Scheffen Jakob Baldus
von Hintermühlen, der Schultheis Jakobus
Benner von Hinterkirchen, und der Feldscheffen
Matthias Gaier von Hölzenhausen; so auch
der Lehrer Klein von Rotzenhahn, Arzt von
Büdingen, Engert von Bellingen u. Schullehrer
Hön Schmidt von Langenbach. Die Zahl der Kinder
zählte [...]
in vollem 62 Kinder, wo=
von ein Knabe namens Josef Benner von
Hintermühlen, dessen Vater evangelisch ist,
zur evangelischen Confession gehört.
Hochgeladen am 12. Juni 2022. Zuletzt aktualisiert am 25. August 2024.